Mit Legend Part III:I startete 2001 die "Legend"-Trilogie (mit etwas Verspätung) in die letzte Runde, wobei der dritte Teil aus quantitativen Gründen nicht eine, sondern zwei 80-minütige CDs, also Part III:I und Part III:II, umfassen soll. Als Bonbon und Entschädigung für die lange Wartezeit gab es diesmal übrigens neben der schwarzen Standardbox auch die auf 2001 Stück limitierte Sonderedition in der 15 X 15 cm großen Pappschachtel (siehe rechts).
Auch diesmal ist das erste, was auffällt, ein unerwarteter Stilwechsel. Herrschten auf Legend Part II noch Chaos und Vielschichtigkeit vor, so ist es diesmal zum einen die große Klarheit bzw. Direktheit der Musik, und zum anderen die plötzlich wie nie zuvor dominierenden Metalelemente, die überraschen. Sicherlich wollte man mit Legend Part III:I in der säkularen Szene eine Bresche schlagen und sich wieder mehr Fans sichern, als das mit dem zweiten, viel gewöhnungsbedürftigeren Teil der Trilogie möglich gewesen war. Kein Wunder also, dass dieser Teil in sämtlichen Metal-Magazinen absahnte wie kein anderer. "Schuld" am stilistischen Umschwung ist jedenfalls zum Teil der Umstand, dass Jeff Clayton fortan nur noch als Rhythmusgitarrist fungiert, während Carljohan Grimmark von der schwedischen Band Narnia als Leadgitarrist eingesprungen ist. Doch mehr dazu später.
Inhaltlich wird der Erzählstrang zumindest konsequent wiederaufgegriffen: Der zornige Drache, der es auf die Frau und das Kind abgesehen hat (siehe Offenbarung 12), war Zentrum der letzten Szene des zweiten Teils - und steht am Anfang des Openers "Twelve-Hundred-Sixty Days" wieder im Vordergrund. Aber auch musikalisch ist das Stück sozusagen Saviour Machine par excellence - düsteres Piano mit Erics tiefen Vocals, die an "American Babylon" erinnern, dann setzen Gitarren, Schlagzeug, Bass, Keyboards und der bombastische Chor ein, die Dramatik steigt... Aber schon beim zweiten Stück, "Revelation 13", werden neue Töne angeschlagen: Es ist ein beinahe reines Instrumentalstück, in dem Herr Grimmark sein Können als Metal-Zwirbelgiarrist unter Beweis stellt. Nun ja. Im Gegensatz zum letzten Album gibt es ja jetzt auch wieder Zeit für sowas.
Nach "Legend III:I", das seltsamerweise auch ein Instrumentalstück ist, folgt das ruhige, leicht depressive "The Ancient Serpent", das uns die Klage über den Fall Luzifers (Hes. 28) näherbringt und zu den schönsten Stücken auf diesem Album gehört. Ein Legend-Hörern bekannt vorkommendes Herzschlag-Sample leitet über zum Schlusschoral von "The Covenant", der hier (a cappella) noch um einiges kranker klingt, und es folgt eine Suite von metalorientierten Stücken, die von weiteren Ereignissen rund um den Antichristen erzählen: Im Tempel wird ein Standbild errichtet ("Image of the Beast"), im Allerheiligsten steht ein Greuel ("Abomination of Desolation"), und der Antichrist proklamiert sich selber als Gott der Welt und betet öffentlich Satan an ("Antichrist III: The King of Babylon"). Natürlich gibt es auch die eine oder andere bereits bekannte Melodie zu hören... In "The Final Holocaust" gibt sich Eric dann - nach einem an die Ouvertüre vom ersten Teil erinnernden Keyboardpart - erstmals nur mit Chorbegleitung die Ehre. Sehr ergreifend... "God save Israel..." woraufhin die zwei Zeugen ("Two Witnesses") vom zweiten Teil wieder auferweckt werden.
"Three Angels" fungiert als eine Art Prolog zum zweiten Teil des Albums, in dem es um die in der Offenbarung beschriebenen Posaunen- und Schalengerichte gehen wird (Eric liest Offenbarung 14:6-13 vor, und das musikalische Thema von "Rapture" wird wiederaufgegriffen), und in dem kaum Bezug auf die restliche Geschichte genommen wird. Die ersten vier Posaunengerichte werden mehr oder weniger symbolisch durch das Stück "Four Trumpets" repräsentiert (also nicht im einzelnen beschrieben), während der fünften und sechsten jeweils ein eigenes Stück gewidmet wird ("The Locusts" und "The Sixth Judgment"). Spätestens jetzt sehnt man sich als alteingesessener SM-Fan nach der verträumt-melancholischen Leadgitarrenarbeit von Jeff Clayton zurück, denn das, was Herr Grimmark besonders bei "The Locusts" zusammendudelt, wirkt sich eher destruktiv als konstruktiv auf das Stück aus. Vielleicht hat da jemand die Liedtextzeile "Destruction and pain..." zu wörtlich genommen, vielleicht ist aber auch unser Metalschwede als Gitarrist zu gut, um ein guter Gitarrist zu sein, ich weiß es nicht. Egal. Die letzte Posaune und das erste Schalengericht fallen unter den Tisch, und auch die zweite Posaune wird lediglich durch ein Instrumentalstück, "The Dead Sea", dargestellt. Ob das wirklich so geplant war, werden wir wohl nie erfahren...
Die Schalen drei bis fünf werden jedenfalls wieder sehr schön, düster und bombastisch in "Rivers of Blood" und "The Plague and the Darkness" behandelt, wobei der Schlusschor von "The Plague and the Darkness", der die Menschheit ein letztes Mal zur Buße und Umkehr aufruft, für mich zu den wohl ergreifendsten Momenten der Trilogie gehört. Etwas eingeschoben hingegen wirkt auf mich das Stück "The Fall of Babylon", das natürlich die Motive von "The Whore of Babylon" (auf Legend Part II) wieder aufgreift und die Geschichte des symbolischen Falls der großen Hure, was auch immer diese bedeuten mag, weitererzählt. Im Großen und Ganzen ist mir das Stück trotz einiger netter Parts dann doch zu gitarrenlastig und eintönig - nach "The Whore..." wäre jedenfalls mehr zu erwarten gewesen.
Anders sieht es mit dem letzten Stück aus: "The End of the Age" ist eine düster-emotionale Endzeithymne, bei der der Erzähler erstmals persönlich wird und aus eigener Erfahrung von der verzweifelten Suche des Menschen nach Frieden spricht. Souverän lässt er sozusagen am Horizont das Ende aller Tage aufflackern, dem er jedoch nicht mit Angst und Schrecken, sondern mit der Hoffnung auf den letztendlichen Frieden entgegensieht (man erinnere sich an den Text von "The Eyes of the Storm": "Peace is the elusive dream / we have turned on ourselves..."). So endet dieses Album, dessen Geschichte sich nun am Höhepunkt kurz vor Armageddon befindet, doch unerwartet auf einer sehr positiven, hoffnungsvollen Note: "The hour of redemption is upon us / and the day of judgement will bring / ...the end of the fighting / and the end of the rage / that lies in our mortal remains / at the end of the age."
Legend Part III:I ist ohne Frage ein sehr gutes Album. Für mich ist es jedoch, trotz der vielen positiven Kritiken und einiger wirklich guter Höhepunkte, insgesamt der schwächste Teil der Trilogie. Die Hoffnung bleibt auf den allerletzten Teil, III:II, zu setzen...
Patrick Maiwald, 19. 08. 2004
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