80er-Nostalgie und frühe Gruftklänge

A Motorised Mind Zwischen 1988 und 1993 brachten The November Commandment (Nov*Com) - das frühere Projekt von den Sanctum-Soundbastlern Jan Carleklev und Håkan Paulsson, hier zusammen mit zwei weiteren Mitgliedern - drei Werke heraus, die 1999 auf der vorliegenden CD A Motorised Mind (Gesamtspielzeit ca. 65 Minuten) vom Endtime-Sidelabel Structure wiederveröffentlicht wurden.

Die Tracks 1 bis 11 bilden dabei das erste Album, Complete Structure. Viele der Stücke hier klingen wie der authentische Soundtrack eines uralten Atari-Spiels, teilweise begleitet von Klangfetzen aus schwedischsprachigen Radiosendungen. Der Gesang (wo vorhanden) ist monoton, das Songwriting alles andere als elegant (die Stücke scheinen größtenteils "mittendrin" plötzlich aufzuhören), und auch die Tonqualität ziemlich mies. Die programmierten Beats klingen wie Basketballgedribbel, und die meiste Zeit über scheinen entweder die Synthesizer zu laut oder etwas anderes zu leise zu sein. Hier und da erkennt man Elemente des minimalistischen 80er-Wave-Pops, aber noch in Maßen. Gesamteindruck: Etwas konfus, stilistisch wirklich nicht jedermanns Sache.

Bei den fünf Stücken von Dark Dawn (1991) sieht es schon etwas besser aus - man merkt bereits deutlich, worauf die Band hinauswill. Und man ist überrascht, wie überaus "batcave-tauglich" die Musik auf einmal klingt. Die Atari-Instrumentale sind weitläufig verschwunden. Auch wenn noch ziemlich viel gedribbelt wird.

So richtig gut hörbar wird Nov*Coms Musik allerdings erst bei den letzten drei Stücken (17-19), die erstmals 1993 als Maxisingle mit dem Titel Exile Station auf den Markt kamen. Hier gewinnt man zum ersten Mal den Eindruck, richtig clubtauglichen Wave/Synth-Pop zu hören, und sogar die Unscheinbarkeit und Monotonie des Gesangs klingt erstmals beabsichtigt und cool. Das Songwriting ist gut, der Sound ist definitiv hörbar (Drumcomputer und Keyboard klingen wie gewollt und gekonnt, stellenweise werden sogar Gitarrenklänge eingebaut). Am Ende des letzten Stückes entdeckt man sogar erste Ähnlichkeiten mit dem Ambient/Industrial-Sound des späteren Projekts Sanctum. Aber richtig satt hören wird man sich an drei Stücken nicht können. Man fragt sich regelrecht, warum sich Nov*Com ausgerechnet nach dieser Single aufgelöst haben. (Vielleicht hätten ihre sämtlichen Werke sonst nicht mehr auf eine einzige CD gepasst!)

Die Cover-Inlay enthält zwar keine abgedruckten Texte, aber christliche Inhalte sind an einigen Stellen deutlich herauszuhören. Pluspunkte erhält die CD auf jeden Fall für die letzten paar Stücke - christlich inspirierter New-Wave/Synth-Pop ist ja definitiv eine Marktlücke. Allerdings wird, wie schon gesagt, ungefähr die erste Hälfte der CD für Leute, die nicht so gerne in Atari- oder 8-Bit-Nintendo-Nostalgie verfallen, nicht unbedingt lohnenswert sein. Aber die kann man ja überspringen.

Patrick Maiwald, 20. 08. 2003


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=> Sanctum - Lupus in Fabula (Rezension)
=> Sanctum - New York City Bluster (Rezension)
=> Sanctum - Let's Eat (Rezension)
=> Parca Pace (s/t) (Rezension)
=> Parca Pace - Raumspannung (Rezension)

=> Interview mit Jan Carleklev (Januar 2004)