Eine neue Ära bricht an...

The Awakening - Roadside Heretics

Mit Roadside Heretics wird 2002 offiziell die zweite Schaffensphase von The Awakening eingeläutet. (Etwa gleichzeitig erscheint die Best-Of-Scheibe Sacrificial Etchings, die einen Überblick über die bisherigen Werke gibt.)

Soundtechnisch unterscheidet sich Roadside Heretics merklich von allen Vorgängern - die Stücke sind viel gitarrenbetonter, lässiger, rockiger, detailverliebter und vor allem auch vielseitiger geworden. Mir scheint, dass von nun an die Grenzen zwischen "The Awakening" und "Ashton Nyte" (also dessen Solo-CDs) noch mehr verschwimmen, allerdings scheinen The Awakening sich weiterhin auf die eher düstere Seite der Musik zu schlagen. Laut Website ist The Awakening zwar fortan als Alternative-Rock-Band einzustufen; dennoch behaupte ich mal, dass man jedes Stück auf dieser CD in dem einen oder anderen schwarzen Club spielen könnte.

Die zwölf Stücke, die nur sehr selten die 5-Minuten-Grenze überschreiten, sind, wie gesagt, größtenteils relativ gitarrenbetont arrangiert. Dabei gesellen sich zum altbewährten neo-dunkel-romantischen Dance-Goth-Rock (wie z.B. im Stück "Beautiful") einerseits ein ziemlich "manson-esker" Sound (besonders "The Maker", "Away from Home" oder auch "Complexion" erinnern mich an Marilyn Mansons spätere Werke) sowie einige ausgefeilte Balladen (wie z.B. das akustikgitarrenlastige "My World" oder das düster-leidenschaftlich-opernhafte "Cover") hinzu. Gesangstechnisch ist es mal wieder meisterhaft, was Ashton hier von sich gibt. Hintergrundstimmen scheinen im Vergleich zu früher eine größere Rolle zu spielen... gesanglich ist dies jedenfalls die wohl vielseitigste Awakening-CD, wobei Ashton neben dem gewohnten "bowie-esken" Gänsehaut-Gesang erstmals auch verstärkt gewöhnungsbedürftigere Laute von sich gibt (über Flüstern und Kreischen... bis hin zu "extremen" Vibrato-Experimenten im Stück "Away from Home").

Obwohl die Stücke musikalisch nicht zusammenhängen, gibt es ein inhaltliches Konzept - Roadside Heretics - zu deutsch: Die Straßenrand-Ketzer - handelt größtenteils von all denen, die sich irgendwie von der Gesellschaft an den Rand gedrängt bzw. stigmatisiert fühlen: "we're all roadside heretics". Die meisten der Stücke erzählen dabei exemplarisch die Geschichte eines Individuums, dessen Probleme herausgegriffen werden. Besonders erwähnenswert sind hierbei etwa die traurige Ballade "Tracey-Junkie", die vom Tod einer drogenabhängigen jungen Frau handelt, oder das Stück "My World", das wohl eine Abrechnung des Erzählers mit seinem eigenen Schubladendenken (oder auch mit den bisherigen Awakening-Werken?) darstellt: "in my world / constricted / by the hands of definition...", "i've taken / and beaten / ...all the ways, they've desecrated me". "Cover" hingegen deklariert in rührend poetischer Sprache die völliger Hingabe des lyrischen Ichs an seine Geliebte... Ashtons Glaube an Gott kommt vor allem in "The Maker" und "Angels" zur Sprache.

Insgesamt ist dieses 52-minütige Album eine gut hörbare, sehr vielseitige und schön produzierte Rockscheibe, auf der aber weder die "Härte" noch die "Schwärze" zu kurz kommen, die aber gleichzeitig vor allem musikalisch in neue Richtungen weist. Wer an qualitativ hochwertiger moderner Gothic-Musik oder ähnlichem interessiert und offen für Neues ist, sollte auf jeden Fall mal reinhören. Man darf gespannt sein, was als nächstes kommt!

MP3s vom Album (drei ganze Stücke) gibt es hier.

Patrick Maiwald, 14. 06. 2003


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=> The Awakening (Homepage)
=> Ashton Nyte (Homepage)

=> The Awakening - The Fountain (Rezension)
=> The Awakening - Sacrificial Etchings (Rezension)
=> Ashton Nyte - Sinister Swing (Rezension)
=> The Awakening - Darker Than Silence (Rezension)

=> Interview mit Ashton Nyte (Juli 2004)