Die Polen setzen noch eins drauf

Undish - Letters from the Earth Mit Letters from the Earth brachten Undish 1999 den Nachfolger ihres sehr gelungenen Debutalbums heraus.

Mit 10 Tracks scheint diese CD auf den ersten Blick dicker gefüllt zu sein als das Debut, aber der Schein trügt, denn hinter dreien befinden sich gesprochene Intros und Outros sowie eher uninspiriert dahinplätschernde Instrumentals, so dass nur noch sieben "wirkliche" Tracks mit einem Gesamtzeit von etwas über einer halben Stunde übrig bleiben, was diese CD formal mit dem Vorgänger durchaus vergleichbar macht.

Auch stilistisch wird eine ähnliche Richtung eingeschlagen: Die nunmehr fünfköpfige polnische Band spielt noch immer relativ "durchschnittlichen" Gothic Metal. Allerdings werden diesmal verstärkt Keyboards (und ein paar programmierte Beats) eingesetzt, was dem Ganzen einen synthetischeren Charakter verleiht und gleichzeitig etwas vom charakteristischen Sound des ersten Albums (man erinnere sich an die schönen Gitarrensynthesizer...) wegnimmt.

Was des weiteren auffällt, ist, dass die Tracks auf Letters... keine Titel haben, was die Aufmerksamkeit aufs Konzept des Albums richtet; gerade beim Durchblättern des ganz in simplem Weiß gehaltenen Booklets bekommt man den Eindruck, dass es sich um eine recht homogen gehaltene Sammlung an Gott gerichteter Gedichte/Gebete handeln soll... Briefe von der Erde eben. Das an Platons Ideenlehre erinnernde Covermotiv, eine eingerahmte "perfekte" Form und darunter eine verzerrte Spiegelung derselben, zieht sich in vielfacher Form durch das ganze Booklet hindurch. Auch einige der Texte schlagen philosophische Töne an: "For what I cannot grasp, that has never been a delusion..." heißt es etwa in einem der letzten Lieder. An den üblen polnischen Akzent der Vokalisten (wiederum geben Robert Baum und Ada Szarata in dieser Hinsicht ihr Bestes, und das auch nicht ganz ohne Erfolg), die bisweilen seltsame Grammatik und die gelegentlichen Tippfehler in den englischen Texten hat man sich ja bereits gewöhnt.

Nach mehrmaligem Hören geht das eine oder andere Stück, wenn auch langsam, ins Ohr. Vom Konzept des Refrains (zu Deutsch: Kehrvers) nimmt die Band mehr als je zuvor Abstand; trotzdem hat das Album definitiv viele schöne Momente - zu diesen zählen beispielsweise der zwar klischeehafte, aber passende Kirchenorgeleffekt in Track 3, der martialische Anfang von Track 4, das gebrüllte Ende von Track 9 oder auch der gesamte Track 8, der ohne verzerrte Gitarren auskommt. Die (wenigen) Schwachstellen sind eher im Gesamtkonzept zu finden. Auf Dauer wünscht man sich eben doch etwas eigenständigere Stücke oder zumindest einen eigenständigeren Sound.

Der Gesamteindruck ist und bleibt ein positiver: Auch wenn sie nicht unbedingt aus der Masse der in den 90ern erschienenen Gothic-Metal-Alben hervorstechen, loten Undish auf Letters from the Earth - ähnlich wie auf ihrem Debut - ihr kreatives Potential aus, um ein schönes, abgerundetes und in sich stimmiges Album zu liefern.

Patrick Maiwald, 25. 05. 2005

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