Sechs Jahre nach Damnation, dem ersten Teil ihrer vertonten Autobiographie, meldet sich Eva O mit der längst überfälligen Fortsetzung zurück. Das über 70-minütige Werk mit dem kompletten Titel Damnation: Ride the Madness / Salvation: Are You Ready to Die? steht dabei ganz im Zeichen der Verknüpfung des Alten mit dem Neuen, und das gleich in mehrfacher Hinsicht:
Zum einen hat sich für die CD-Aufnahme eine "richtige" Band unter dem Namen "Mz O and Her Guns" zusammengefunden, zu deren Mitgliedern sowohl solche gehören, mit denen Eva in ihren besten Death-Rock-Zeiten musiziert hat (Stevyn Grey sei hier genannt, der neben Evas Shadow Project auch schon bei Bands wie Faith and the Muse oder Mephisto Walz Schlagzeug gespielt hat), als auch beispielsweise Josh Pyle (Frontmann von Audio Paradox), der auf Damnation für die elektronischen Elemente verantwortlich war.
Dies führt dazu, dass in stilistischer Hinsicht ebenfalls eine Verschmelzung des Alten mit Neuem stattfindet: Wie man sich schon denken kann, verbindet Damnation / Salvation den "traditionellen" Gothic-Rock-Sound mit zukunftsweisenderen Elementen durch gelegentlichen Einsatz von Elektronik sowie beachtlich "fette" Rhythmusgitarren. Das Ergebnis ist griffiger, meist gitarrenlastiger Gothic Rock, der schnell ins Ohr geht und einen bleibenden guten Eindruck hinterlässt.
Wie der Doppeltitel bereits andeutet, wird hier in den ersten paar Tracks altes Material, also neu aufgenommene Stücke von Damnation, neu aufbereitet. Dabei spielt die begnadete Neuauflegerin alten Materials einmal mehr ihre Karten gekonnt aus und präsentiert die Stücke "Damnation" (Originaltitel: "Damnation - Part II"), "One by One", "Blood Lust", "Ride the Madness" und "Diablo" (Originaltitel: "The Devil") im zeitgemäß aufgemotzten Gewand. Durch den verstärkten Einsatz von Schlagzeug und E-Gitarre, die auf Damnation weitläufig fehlten, sind die Stücke teilweise kaum wiederzuerkennen. Lediglich die Akustik-Ballade "Beauty of Hell" ist unverändert geblieben. Interessant am Rande: Die Stücke am Ende von Damnation, die die Bekehrung der Sängerin schilderten, sind hier nicht wiederzufinden. Stattdessen vollzieht sich der Wandel von der Antichristin zur Christin mehr oder weniger unmerklich mitten im ohrwurmverdächtigen "Are You Ready to Die", das die wirklich neuen Stücke, die natürlich den Löwenanteil der CD ausmachen, einläutet. Die neuen Stücke tragen definitiv viele Eva-O-Merkmale und erinnern teilweise an Alben wie Demons Fall for an Angel's Kiss, hier allerdings mit besserem Sound. Auch bei diesen Stücken ist der biographische Aspekt natürlich sehr präsent; bei "Eye to Eye" etwa scheint die Erzählerperspektive ständigen Wandel unterlegen zu sein, was gut zum Coverbild passt, welches die "zwei Evas" - mit Hörnern und Heiligenschein bewusst überzeichnet - als janusköpfiges Wesen darstellt. "Eye to Eye" endet nach einigem (auch musikalischem) Hin und Her schließlich in der Aussage "Through Christ you can give death away". Das Doppelstück "Who is Your Father / Do You Hear Me" handelt unter anderem vom Sieg über Satan und scheint somit als eine Art Antwort auf "Diablo" gemeint zu sein.
Genauso wie die Damnation-Stücke keine lineare Geschichte erzählen, sondern vielmehr verschiedene Aspekte des Seelenlebens der "frühen" Eva O aufzeigen, illustrieren auch die verschiedenen Salvation-Stücke jeweils einen Aspekt der Persönlichkeit der nunmehr christlich gläubigen Künstlerin. Dabei machen vor allem auch die neuen Stücke einen durchaus überzeugend authentischen Eindruck. "Harlot's Tears" beispielsweise ist ein ergreifendes Stück, in dem Eva ihr früheres Leben bereut und ihrem Herrn sehnsüchtig die Sätze "I want to live, I want to be a part of You" zuruft. In "Something Not Seen" geht es um die Alltagsprobleme, mit denen Christen sich oftmals konfrontiert sehen. Die letzten beiden Stücke, "Rumors of War" und "Revelation" haben eine starke apokalyptische Dimension und nehmen verstärkt auf das Neue Testament Bezug, allerdings ohne zu dogmatisch zu werden. Besonders das ruhige, fast bedrohlich klingende "Rumors of War" beeindruckt in musikalischer Hinsicht. "Revelation" basiert textlich auf dem "Lied zu Ehren des Lammes" aus Offenbarung 7 und endet bezeichnenderweise mit der Aussage "We will never be the same", wodurch die Aussagen der alten Stücke gewissermaßen entkräftigt werden und die "neue", veränderte Eva deutlich die Oberhand gewinnt.
Mein Fazit: Eine umfangreiches und richtungsweisendes "modern death rock"-Album, das die teilweise verschiedenen musikalischen Ansätze bisheriger Werke von Eva O miteinander verschmelzen lässt und zusätzlich durch eine saubere Produktion besticht. Anders als auf dem ersten Teil stehen hier christliche Inhalte wieder verstärkt im Vordergrund. Die Anschaffung lohnt sich in jedem Fall. Die erste Auflage kommt als limitiertes Digipack, das bald schon wieder ausverkauft sein dürfte...
Patrick Maiwald, 01. 06. 2005
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