Der Park des kultivierten Zorns zeigt nach Neueröffnung ein verändertes Gesicht

AP2 - Suspension of Disbelief Nach ein paar ruhigen Klaviertönen ertönt der geschriene Satz "I AM THE DAMAGED", der ins Endlose nachzuhallen scheint und nur allmählich dem stetig stampfenden elektronischen Beat des düsteren, ironischerweise "The End" betitelten, Intros zu Suspension of Disbelief nachzugeben. Insider finden sich in der leicht veränderten Welt von Argyle Park wieder und erkennen die harschen Eingangsworte als Zitat aus dem umstrittenen 1994er Werk Misguided.

Nachdem sich das Projekt Argyle Park angesichts der großen Kontroversen, die durch ihr gewöhnungsbedürftiges Schaffen in der christlichen Szene ausgelöst wurden, gezwungen gesehen hatte, sich aufzulösen, formierte es sich 2000 wider erwarten neu, wobei Klayton (mittlerweile als Celldweller bekannt) von seinem Bruder Dan (von Level) gewissermaßen abgelöst wurde. AP2 besteht also nicht mehr aus Buka und Klayton, sondern aus Buka und Level. Den Unterschied bemerkt man beim Hören von Suspension of Disbelief sofort: Obwohl die Musik immer noch Elemente von Techno, Metal und Core vereint, ist das Ganze doch etwas melodischer und insgesamt "level"-typischer (ich fühle mich etwa an die 2003er Level-CD Denial erinnert). Es wird hier weit weniger gebrüllt als gesungen.

Die musikalischen Einflüsse auf die auf Elektronik basierende düstere Musik rangieren diesmal über Metal und Punk ("The Red Shirt Conspiracy") und "indianischen" Gesang ("The Pact") bis hin zu modernem Rock ("The Only Man I Know"). Der "trancige" Techno des Vorgängers ist fast vollständig verschwunden. Die Texte beschäftigen sich diesmal mit zwischenmenschlichen Konflikten, Verletzungen und Zweifeln, wobei diesmal nichts dabei ist, das "zensiert" werden müsste. Unterm Strich geht es unseren Lyrikern der "New York Posse" wohl wieder einmal darum, auszudrücken, dass auf andere Menschen kein Verlass ist, wobei natürlich auch stellenweise recht verbittert klingende Töne angeschlagen werden... In "Silhouette of Rage" etwa brüllt Klank: "I don't want to see no more / I don't want to think or hear or speak no more...". Der Titel der CD stammt übrigens aus der Literaturwissenschaft und ist nur bedingt mit "Unglauben" in Verbindung zu bringen.

Neben solchen Stücken, die Buka und Level alleine meistern ("Heroin Hate", "Goodbye", die Instrumental-Klangcollage "A Thousand Terrible Things" oder auch das melancholische "A New Wound"), zeichnet sich diese CD ähnlich wie ihr Vorläufer durch Stücke aus, bei denen Gastkünstler - vor allem im vokalen Bereich - zu hören sind. Neben Mark von Stavesacre und dem bereits erwähnten Klank, die auch schon auf Misguided zu hören gewesen waren, gesellen sich diesmal Joey Timothy Bell von der christlichen Punkband Ghoti Hook, ein gewisser "Sage" und Klayton von Celldweller hinzu. Letzterer singt nicht nur, sondern bringt gleich zwei (fast) alleine aufgenommene Stücke mit, die mit zu den besten des Albums gehören: das drum-and-bass-beeinflusste "My Sympathies" und das melodisch-tanzbare Stück "Resurrection of the Ravens".

Insgesamt ist Suspension of Disbelief ein so abwechslungsreiches wie schräges Album der unkonventionellen Undergroundmusik, das wohl vor allem wegen seiner pessimistischen Texte in der christlichen Szene angeeckt sein dürfte, allerdings nicht im gleichen Maße wie sein mittlerweile zum Kultobjekt avancierten Vorgänger. Auch die Musik klingt etwas konventioneller und kommt an die extremen Techno-Metal-Kreuzungen u. ä. der Argyle-Park-CD nicht heran, obwohl gerade die Beiträge von Celldweller auch der Musik auf diesem Album wieder eine hohe Qualität verleihen. Für Freunde düsterelektronischer Klangexperimente und Fans von Projekten wie Celldweller, Level oder Argyle Park wärmstens zu empfehlen.

Bei der Stephans-Buchhandlung dürfte man die CD problemlos bekommen...

Patrick Maiwald, 10. 10. 2005


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