Futuristische Stilsymbiosen / Hasstiraden von einem christlichen Projekt?

Argyle Park - Misguided Diese CD von 1994 ist zweifelsohne eine der schrägsten, die die christliche Szene jemals hervorgebracht hat.

Hinter zweien (!) der drei "offiziellen" Mitglieder von Argyle Park verbirgt sich Scott Albert alias Klayton, der unter dem Namen Circle of Dust - und später Celldweller - Musik veröffentlicht hat. Mit Argyle Park haben sich Klayton und Buka aus der "New York Posse" in extremere Bereiche vorgewagt als mit irgendeinem anderen Projekt, und ein einzigartiges Werk geschaffen, das in der amerikanischen Undergroundszene für viel Aufruhr sorgte.

Nach einem gesprochenen Intro/Hörspiel mit "Friedhofsatmosphäre" wird der Hörer gleich von einer Thrash-Attacke geschockt, die in furios groovende (nicht weniger harte) Elektronik übergeht und einem nur wenige Verschnaufpausen gönnt. Nichts für schwache Nerven also. Insgesamt handelt es sich bei Misguided um eine futuristisch-innovative Mischung aus Techno-, Metal-, Hardcore- und Trance-Elementen. Hinzu kommen u.a. gelegentliche "Tribal Beats", ein Ragtime-Piano, Filmmusik-Anleihen und angsteinflößende Dark-Ambient-Soundlandschaften. Auf dem Album tummeln sich zudem - vor allem im vokalen Bereich - mehr Gastkünstler als auf einer durchschnittlichen Gangsta-Rap-CD. Tommy Victor von Prong, Daren Diolosa von Klank, Jyro von Mortal, Jeff Bellew von Chatterbox und Mark Solomon von Stavesacre sind nur einige der Künstler, die mal singend, aber überwiegend schreiend, grunzend, rappend, flüsternd oder grölend den Ton auf der CD angeben. Die Musik ist - ähnlich Circle of Dust - mit vielerlei gesampleten Filmdialogschnipseln angereichert, ansonsten aber aufwändiger, abwechslungsreicher und vor allem detailverliebter komponiert als die durchschnittliche Circle-of-Dust-Musik. Die Grundstimmung ist dabei eine äußerst düster-aggressive, womit wir auch gleich beim nächsten Thema sind.

Die größte Kontroverse um dieses Album wurde wohl durch die Texte ausgelöst: Es geht (laut eigener Aussagen der Mitglieder) um bittere Enttäuschung durch andere Menschen, und daraus resultierende Gefühle. Die Texte nehmen dabei kein Blatt vor den Mund, so dass das christliche Plattenlabel R.E.X. nur Auszüge daraus im Booklet zugelassen hat. Auch das gesprochene "rachsüchtige" Albumoutro wollte das Label zensieren, doch die Band hat es dann doch noch im letzten Moment auf der CD "versteckt". (Wer sich ein Bild von den Texten machen möchte, folge dem Link unten auf dieser Seite.) "Leave me alone" oder "You made me violent" sind jedenfalls Beispiele für Phrasen, die einem mehr als einmal um die Ohren gehauen werden. Lediglich das Stück "Doomsayer" handelt von jemandem, der zu seinem Glauben steht, und steht somit allein als "Lichtblick" am Ende eines vor Frustration und Wut überschäumenden Albums da. Die vielen Kontroversen um dieses Album haben letzendlich dazu geführt, dass das Projekt sich (vorerst) auflöste, um dann nur in stark veränderter Form (als AP2) wiedererweckt zu werden...

Mein Fazit: Wer an innovativer elektronischer Musik interessiert ist und keine Angst vor negativen Gefühlen hat, mag vielleicht Gefallen an Misguided finden. Ein Stück einfallsreiche Kunst ist es allemal, auch wenn manch einer mit dieser Art des "Dampfablassens" vielleicht so seine Probleme hat... Vor kurzem ist die CD übrigens in einer Neuauflage erschienen. Wie gut man diese in Deutschland bekommt, habe ich allerdings nicht in Erfahrung bringen können...

Patrick Maiwald, 26. 09. 2005


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