mit Lampshade, Waiting for Steve und Unstern Bedroht

Eine erstaunlich große Besucherzahl hatte sich am Himmelfahrtstag im Gießener MuK eingefunden, um dem Konzert dreier Bands beizuwohnen, wie sie unterschiedlicher wohl kaum sein konnten:

Unstern Bedroht Es begann mit dem Trio Unstern Bedroht. Jenseits des reichlich kryptischen Namens führte diese Band eindrucksvoll vor, was passieren kann, wenn Bassist und Schlagzeuger brav den Rhythmus halten, und dem Gitarristen damit alle Freiheiten geben - die dieser dann direkt und bis zum Abwinken ausnutzen mußte. Das Ergebnis erinnerte an die großen Stunden der "guitar heroes" der 70er Jahre: Ebenso lange wie langweilige Soli, die bei aller Virtuosität doch mit zunehmender Dauer in dem Sinne therapeutisch wirkten, dass sie ruhigem Schlaf Vorschub leisteten. Dies schien auch die Band gemerkt zu haben: Bei den anschließenden Bands jedenfalls sah man das Trio einträchtig vereint hinter dem Merchandising-Stand schlafen.

Was wiederum die beiden folgenden Bands ganz und gar nicht verdient hatten. Anders als Unstern Bedroht, die für mich bestenfalls eine annehmbare Klangkulisse produzierten, waren Waiting for Steve und Lampshade echte Highlights, Bands, bei denen ich gewünscht hätte, dass die jeweiligen Auftritte deutlich länger als nur je eine Stunde gedauert hätten.

Waiting for Steve Zunächst betraten Waiting for Steve die Bühne. Dass der Auftritt in Gießen für sie ein Heimspiel war, konnte man vom ersten Moment an fühlen. Druckvoll, straight, perfekt im Zusammenspiel und geführt von einem echten Frontman, hatte die Band ihr Publikum sofort im Griff. Einzelne Songs gesondert hervorzuheben ist insofern nicht nötig, als alle Songs perfekt auf den Punkt kamen. Einen erkennbaren Qualitätseinbruch gab es jedenfalls nicht. Und bedingt durch Bassist/Sänger Thomas Eifert, der als echter Sympathieträger Punkte sammeln konnte, hinterließen Waiting For Steve bei mir einen durchgehend positiven Eindruck. Eine Band, von der man hoffentlich noch einiges hören wird. Dass ich bei soviel Licht doch auf ein wenig Schatten hinweisen will, liegt in der Natur der Sache einer christlichen Band: Gerade bei einem Heimspiel und gerade dann, wenn eine deutsche Band vor einem deutschsprachigen Publikum spielt, wäre ein wenig Kommunikation und der eine oder andere Hinweis auf den Inhalt des jeweiligen Songs nicht verkehrt gewesen.
Trotzdem: Ein mitreißendes Konzert einer sympathischen Band.

Lampshade Und dann kamen zu später Stunde noch Lampshade. Und sie gingen auch wieder.
Dazwischen lagen etwa 65 Minuten Konzert, die trotz erheblicher Soundprobleme andeuteten, dass die Band eine große Zukunft vor sich hat. Anders als auf ihrem differenzierten und bisweilen recht ätherischen Debutalbum Because Trees Can Fly, entpuppten sich Lampshade auf der Bühne als beinharte Rocker, die einen dichten Gitarrenteppich webten, der mancher Metalband gut angestanden hätte. Auf diesen Teppich freilich setzten sie immer wieder überraschende Muster: Mal eine Trompete, mal ein Glockenspiel und bisweilen sogar eine Melodica - das denkbar unrockigste Relikt aus Kindertagen, das klanglich aber überraschend gut ins Konzept passte. Wie gesagt: Leider verhinderte der Sound eine differenzierte Wahrnehmung der lampshadeschen Klangkunst - und trotzdem gelang es Lampshade, immer wieder an die schräge Kultband Sugarcubes zu erinnern. Dass dem so war, hatte freilich noch einen weiteren Grund: Sängerin Rebekkamaria, die nicht nur optisch an Sugarcubes-Sängerin Björk erinnerte. Lampshade Da, wo Björk allerdings für meinen Geschmack ein wenig zu abgehoben oder verblasen auftritt, steht Rebekkamaria buchstäblich mit beiden Beinen auf dem Boden und vermittelt den Eindruck einer Frontfrau, die einfach Spaß an ihrer Musik, schrägen Humor, beeindruckende Mimik und fast kindliche Verspieltheit zu einer in dieser Form einzigartigen Performance verbindet.

Fazit: Unstern: Bedroht (vom Aussterben), Waiting for Steve sehr gut, Lampshade noch besser - ein euphorisiertes Publiukm trat nach einem gelungenen Abend den Weg nach Hause an. Und dass mit Waiting for Steve und Lampshade zwei deutlich erkennbar chrtistliche Bands auf der Bühne gestanden haben (zu Unstern Bedroht kann ich mangels Texten und Gesang leider nichts sagen), rundet den Eindruck noch einmal positiv ab.

Text: Heiko Ehrhardt, Mai 2005
Bilder: Patrick Maiwald