Saviour Machine Kann eine Band ein Konzert bis ca. 3.15 Uhr in der Früh spielen ohne dabei nach ca. 4 Stunden Spielzeit qualitativ nachzulassen? Nach dem gestrigen Konzert in Owen würde ich diese Frage ganz klar mit "JA" beantworten. Und obwohl nach diesem Konzertmarathon (es spielten ja auch noch neun weitere Bands vorher) kaum einer der bis zuletzt standhaften Fans die Konzerthalle noch aufrecht verlassen konnte, (so langsam kommt mein Gefühl abwärts der Hüfte wieder) waren sich doch alle einig, an diesem Abend Teil von etwas Gigantischem geworden zu sein. Nicht nur, dass dieses Highlight komplett aufgezeichnet wurde und - so ist es zumindest geplant - gegen Ende des Jahres auf DVD veröffentlicht wird (und jeder, der dieses Teil dann nicht unbedingt haben will, ist selber schuld) - Saviour Machine spielten auch fast das komplette Repertoire runter, so dass für jeden Fan (und zukünftigen Fan), sei er eher Liebhaber des Vor-Legend-Materials oder eher Liebhaber der Legend-Trilogie, etwas dabei sein musste.

SM begannen als Headliner des Abends nach einer längeren Umbaupause um ca. 23.30 Uhr. Nachdem also Ketten, zusätzliche Scheinwerfer und Kameras erfolgreich installiert waren und endlich das Licht im Saal gelöscht wurde und sich die Saviour-Machine-typische Gänsehaut ausbreitete, startete die Band mit dem Intro. In Erwartung des Maestro schnellte der Spannungsbogen nochmals auf den Höhepunkt, und dann begann er endlich, der Auftritt des Mister Eric Clayton, des Deus ex machina, im gewohnten Erscheinungsbild - also schwarzer Robe und maskenartig weißgeschminktem Haupt - um das Konzert mit "A Prophecy" zu eröffnen.

Die "Symphonia Apocalyptica", setzte sich an diesem Abend folgendermaßen zusammen: Nathan van Hala am Keyboard (und als gelegentlicher Dirigent des Streichorchesters), Charles Cooper am Bass, Drummer war an diesem Abend Thomas Weinesjö von Veni Domine und erstmals waren ein Chor UND ein kleines, aber feines, Streichorchester dabei. Nicht zu vergessen, der Special Guest des Abends, Carljohann Grimmark, der Ausnahmegitarrist von Narnia, der schon an dem Legend III:I-Album mitwirkte und dem gestrigen Konzert, mit seiner Art, harte Riffs mit einer schnellen Leadgitarre zu kombinieren (also zwei Gitarristen in einem), einen völlig innovativen Stempel aufdrückte.

Saviour Machine Im Verlauf der Konzertnacht wurden zuerst hauptsächlich Songs der Legend-Trilogie mit der dafür typischen Symbolik dargeboten. Ziemlich am Anfang wurden zum Beispiel ein israelisches und ein palästinensisches Fähnchen in Blut (Farbe) geschwenkt, eine Geste, die auch zum aktuellen Hintergrund der Unruhen und Blutbäder in Israel passt. Der gleichen Symbolik unterlagen im weiteren Verlauf noch eine UN-Flagge, die erst mit den blutigen Worten "NO ORDER" beschriftet wurde und dann ganz in Saviour-Machine-Manier in Flammen aufging, eine israelische Flagge, die eine blutige Kratzspur erhielt und eine US-Flagge, die die Beschriftung "09 11 01" erhielt. Weiterhin zum Einsatz kamen: die Maske, die Bibel, das Kreuz und zwei silberne CD-große Spiegel bei "The Whore of Babylon", wobei auf einem die Abbildung eines Kreuzes und auf dem anderen die eines Halbmondes + Sterns war.

Aber das Symbolikhighlight des Abends waren ein paar schwarze, riesige Engelsflügel, die ab dem Song "Revelation 13" zum Einsatz kamen. Diese schwarzen Flügel waren am Gewand und an den Händen von Eric befestigt und durch Heben und Ausbreiten der Arme kamen sie voll zur Entfaltung, so dass er damit schon eine sehr imposante Erscheinung bot. Das will heißen, dass dieses mit den passenden Lichteffekten (die übrigens die ganze Nacht sehr eindrucksvoll in Szene setzten) absolut fantastisch aussah.

Weiterhin sehr effektvoll war auch der Einsatz von Feuerwerk an den Schlüsselstellen einiger Songs. Leuchtfontänen und Knalleffekte, die, und da muß man den Pyrotechnikern ein Kompliment machen, auf den Punkt genau gezündet wurden. Auch erwähnenswert ist der nahezu perfekte Einsatz des Chors und der Streicher, und das ist ja bei Livekonzerten bekanntlich nicht so einfach. Zum einen waren die Musiker einfach sehr gut und zum anderen war es auch wirklich sehr gut abgemischt. Und da muß ich auch schon das nächste Kompliment aussprechen, und zwar für die Herren am Mischpult. Das Konzert war nämlich vom Sound her absolut hochklassig und würde eigentlich wieder einer erstklassigen Live-CD zur Ehre gereichen ;-).

Nun aber zur Band! Zu dem, dass die "alt"-Bandmitglieder Nathan van Hala und Charles Cooper gewohnt zuverlässig ihre Parts spielten (habe ich eigentlich schon mal irgendwo erwähnt, dass Nathan ein Ausnahmemusiker ist??), fügten sich auch die "Gastmusiker" hervorragend ein. Obwohl mir Jaysons symptomatische Drums ein wenig fehlen, gab es natürlich an Thomas Weinesjö absolut nichts auszusetzen und er war weitaus mehr als "nur" ein Ersatz. Carljohan ist meiner Meinung nach sowieso eine tolle Ergänzung, da ich ihn schon bei Narnia bewundert habe, und dies hat er auch gestern wieder bestätigt (übrigens frage ich mich, wie lange ein Gitarrist spielen kann, bis er blutige Finger bekommt). Nun aber zu Saviour Machines Frontman, Eric Clayton: Es ist immer wieder toll mit anzusehen, mit welchem Ausdruck, mit welcher Symbolik Eric Clayton seine Songs darbietet. Er ist einfach jemand, der das Publikum vollends in seinen Bann ziehen kann. Vor allem die Gestik und die Mimik sprechen Bände, und da sollte auch das gestrige Konzert keine Ausnahme bilden. Bekannte Saviour-Machine-Symbolik mischte sich mit neuen Ideen, so hat Eric zum Beispiel ein komplettes Lied mit verbundenen Augen gesungen (ich war in ständiger Sorge, dass er das Mikro nicht mehr findet). Natürlich war auch der Gesang überzeugend wie immer. Auffällig ist, was für ein Improvisationstalent Eric eigentlich ist, denn kein Song, kein Part war mehr genauso, wie von der CD gewohnt. Beachtlich war auch, dass Eric manche Parts zwar in Tonlagen startete, wo ich mich erst mal fragte, wo er denn nun hin will, aber erstaunlicherweise immer genau am Punkt wieder rauskam (irgendeine Form von Magie, hm? ;-). Man kann auch sagen, dass Eric, je später der Abend wurde, auch zunehmend lockerer wurde (na ja, so ne DVD- Produktion muß für einen Perfektionisten ja auch eine ziemlich Anspannung bedeuten *g*). Gegen Ende des Konzerts wurde dann hauptsächlich die Songs von SM I und SM II gespielt.

Damit wurde dann fast schon zum gemütlichen Teil des Abends übergegangen (wobei man nicht vergessen darf, dass die Musik natürlich noch mit voller Power und Überzeugung rüberkam). Eric plauderte gelegentlich mit den Fans, die übrigens während des Abends mit den Reliquien der Show und mit Rosen - beim Song "Love Never Dies" - beschenkt wurden, und einige Aktionen hatten durchaus Unterhaltungswert (z.B. das genaue und exakt parallele Anbringen der Fahnenhaken an den Ketten unter Abstimmung mit dem Publikum). Außerdem gab es für alle Anwesenden einige Specials, die nur den Besuchern dieses Konzerts vorbehalten waren. Carljohan überbrückte eine kurze Pause, die Eric zum Umziehen benutzte, mit einem klasse Gitarrensolo (einem Part von "The End of the Age"). Des weiteren gab es einige nette kleine Pannen, die von Eric augenzwinkernd hingenommen und kommentiert wurden und die Fans dadurch durchaus zu Applaus verleiteten. Bei einem Song fing Eric einfach noch mal an ("Nathan Stop"), bei einem anderen wurde einfach das Ende noch mal gespielt (o.k., das war eher aus Gaudi), weil der Chorus der Fans um ca. 2.30 Uhr wohl etwas schläfrig war und der Einsatz etwas spärlich (dazu muß ich aber zur Ehre der Fans erwähnen, dass einmal vorher, als der "Fanchorus" gefordert war und dieser nach gelungener Passage auf den Punkt genau, nach einer Handbewegung des Maestro stoppte, dieses mit einem "BEAUTIFUL" von Eric gewürdigt wurde). Und einmal gar kam es vor, dass..... (hehe, das ist ein Geheimnis, hat Eric gesagt).

Saviour Machine So, nun will ich aber zum Ende kommen, bevor ich mich in ebendiesen Rausch schreibe, in den sich Saviour Machine gestern gespielt haben. Die letzte halbe Stunde war also ziemlich relaxt und auch ziemlich spaßig. Eric fragte ständig, ob die Fans denn nicht müde seien und nach Hause wollten (man ist ja besorgt um seine Fans...), als diese aber jedes Mal verneinten, wurde ein Lied ums andere mit den Worten "ok, one more" angereiht. Und obwohl um mich herum immer wieder Worte wie: "Hilfe", "Ich kann nicht mehr" und "ich sterbe" zu vernehmen waren (und einige sahen schon reichlich gestorben aus), hätte keiner der standhaft Ausharrenden echten Fans auch nur einen Schritt in Richtung Ausgang getätigt. Mit den Songs "A World Alone" und "Jesus Christ", was nochmals ein powervolles Highlight war, bei dem alle ihre letzten Energien freisetzten, ging also ein glanzvolles, gigantisches Konzerterlebnis zu Ende, das alle zwar erschöpft aber doch glücklich berauscht wieder verließen. Abschließend muß ich sagen, dass ich ja schon einige Saviour-Machine-Konzerte erlebt habe und alle waren wirklich toll, aber dieses eine, gestrige Konzert, gehört zu denen, die man nicht vergisst.

Fotos: Daniel Keck
Text: Marlis Bauer, 24. 03. 02