Träumerischer Alternative und Hammond-Meditationen

Spirit and the Bride - (s/t) Als diese CD 2000 bei MCM Records erschien, reihte ich sie mental in die Liste der Tonträger ein, die ich in meiner Sammlung nicht unbedingt brauchte. Um so positiver überrascht war ich von dem Eindruck, den ich bekam, als ich sie mir vor kurzem - also ein halbes Jahrzehnt später - nun doch ersteigert habe.

Denn das, was Spirit and the Bride geliefert haben (die Band gibt es schon längst nicht mehr, und von einstigen Websites ist auch keine Spur mehr zu finden), hatte durchaus Qualität. Die zehn (!) an der CD beteiligten kalifornischen Musiker bieten auf ihrer einzigen CD über eine Stunde lang größtenteils jazzig-groovigen Rock der allerfeinsten Sorte, der bisweilen an den Sound der später 70er und frühen 80er erinnert. "Düstere" Elemente und fast meditative Parts werden gekonnt in das komplexe Gewebe eingearbeitet. Die instrumentale Vielfalt reicht von den obligatorischen, oftmals vielschichtig angeordneten Gitarren verschiedenster Ausprägung über Hammond-Orgel, Violine und keltische Harfe bis hin zu programmierten Ambient-Sounds. Der männliche Gesang (vor gelegentlichen Verzerrungen desselben macht man keinen Halt, was ich für eine gute Idee halte) ist irgendwo in der Nähe von Peter Gabriel angesiedelt... auf jeden Fall sehr bodenständig und professionell. Zu den Highlights des Albums zählen jedoch die Stücke, bei denen die gebürtige Kroatin Marijana Nenadic den - ebenfalls überzeugenden - Gesang in ihrer Muttersprache (!) übernimmt: Hier fühlt man sich unweigerlich an die schwelgerischen Klangtexturen erinnert, wie man sie etwa von Faith and the Muse oder Dead Can Dance erwartet (womit wir auch schon eine Verknüpfung zur schwarzen Szene hätten - abgesehen vom Label natürlich).

Der Opener "Soaking", den ich schon "damals" kannte, hatte mich anfangs weniger überzeugt... was ich hörte, klang mir etwas zu wenig nach einem Ohrwurm und zu sehr so, als hätte Peter Gabriel einen Bruder, der es nie wirklich geschafft hat. Aber was ich damals nicht ahnen konnte: Nach den ersten vier Minuten wird alles besser. Schon das zweite Stück, "Spirit and the Bride", scheint unglaublich ausgereift. An Songs mit hohem Wiedererkennungswert mangelt es dank vorbildlichem Songwriting durchaus nicht, ebensowenig wie an kreativen Ideen (die Originalstimme des Dichters Robert Frost etwa fügt sich wunderbar ins Titelstück ein). Und so ausgereift die 14 Tracks scheinen - kein einziges von ihnen erscheint mir zu lang oder zu kurz, was übrigens auch für das beinahe 8-minütige Stück "Garden" gilt - so sehr sprechen sie wohl vor allem auch Hörer mit einem einigermaßen reifen Musikgeschmack an. Die Texte (nicht im Booklet abgedruckt) gehen übrigens größtenteils in eine dezidiert christliche Richtung; einige Stücke, wie etwa "The Veil is Torn" oder auch "The Servant", könnte man beinahe in den Bereich der Lobpreismusik einordnen (mit dem Unterschied, dass diese Tracks künstlerisch wertvoll sind).

Fazit: Wer sich ein Exemplar dieses wirklich viel zu unbekannten Meilensteins der christlich inspirierten Musik noch ergattern kann, kann sich glücklich schätzen; besonders Solchen, die vor handgemachter Musik mit Nostalgie-Elementen wie Hammond-Orgel, Fretless Bass und gelegentlichen Tamburinen nicht zurückschrecken, sei sie wärmstens empfohlen.

Edit 10/2005: Im neuen Katalog der Stephans-Buchhandlung ist die CD auf 2,95 € runtergesetzt worden! Was will man mehr...?

Patrick Maiwald, 25. 05. 2005


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