Schatten und Licht im Dark Wave

Sons of Liberty - Schatten der Vergangenheit

Sons of Liberty ist bzw. war eine deutsche christlich inspirierte Band, deren Stil wohl am ehesten als gitarrenlastiger Dark-Wave zu bezeichnen ist. Mir ist nicht bekannt, ob es die Band heute noch gibt, ich kann es mir aber eher nicht vorstellen – zumindest hat man in dieser Richtung lange nichts mehr gehört. Wenn man schon von ihnen gehört hat, dann wohl am ehesten auf dem Freakstock 1996 oder auf dem im gleichen Jahr von Pleitegier Records veröffentlichten Alternative-Sampler. Im Booklet von diesem hat man dann auch erfahren, dass es die Band seit ca. 1988 in verschiedenen Besetzungen gab, und dass zwei Bandmitglieder früher bei der Band "Circle of Sig Tiu"* mitgespielt haben. (*Mit deren politischer Einstellung/Weltanschauung hat aber SOL nichts mehr zu tun. Sowohl in den Texten als auch in den Credits der vorliegenden CD kann man eine ganz klare Hinkehr zum christlichen Glauben (O-Ton: "Dank an Jesus Christus (-) unserem König und Erlöser!!!") und eine Abkehr von früheren Wegen und Einstellungen - daher auch der Albumtitel Schatten der Vergangenheit - herauslesen.) Auf jenem Sampler sind SOL mit zwei Tracks vertreten (die wiederum von einem SOL-Projekt namens Sanctum Sanctorum eingespielt wurden), vor allem herauszuheben ist hier das Stück "Endzeit" – ihr geheimes Meisterwerk, welches in ca. 9 Minuten in wave-bis-punkiger Art das abhandelt, wofür Saviour Machine später mit Legend eine ganze Alben-Trilogie benötigen sollten.

Nun aber zum vorliegenden Album, welches, meines Wissens, ihr einziges war. (Es gab noch verschiedene Veröffentlichungen auf Musikkassette, die aber eher Demo-Charakter besaßen, und auf die hier auch nicht eingegangen werden soll.) Geboten werden dem geneigten Hörer zehn Tracks (in knapp 53 Minuten), wovon sieben Titel in deutsch und einer in englisch gehalten sind. Daneben gibt es zwei minimalistische Instrumentalstücke, die das Album abrunden.

Den Opener bildet "Wenn deine Stunde schlägt" – eine musikalisch düstere Anfrage an den Hörer, wo er wohl sein wird, wenn das Leben hier zu Ende ist. Das mit verzerrter Gitarre vorgetragene "Hölle auf Erden" weist darauf hin, dass es da einen "Feind" gibt, aber auch jemanden, der ihn besiegt hat. Es folgt das seelsorgerliche "Von Anfang an", bei dem der Text so verfasst ist, als würde Gott direkt zum Hörer sprechen und ihn zu sich rufen. Nach dem ersten eingeschobenen meditativen Instrumentalstück "Rose of Jericho" folgt dann der einzigste englische, wieder etwas härtere Track "No Party in Hell", auf dem klar gestellt wird, dass "die Hölle kein lustiger Ort ist" und dass es eine Alternative gibt.

Bei "Venit, vidit, vicit" ist nur der Titel nicht in deutsch. – Hier wird in ausführlichen 8 Minuten erläutert, welchen Sinn Jesu Kommen auf diese Erde hatte. Die Musik ist hier wieder ruhiger, hält aber trotzdem eine gewisse Spannung aufrecht. "Es ist vollbracht" – dessen elektronisch angereichertes Intro mich an die Titelmelodie der früheren "Robin Hood"-TV-Serie erinnert, erzählt schließlich in wieder etwas düsterer Atmosphäre und mit teils poetischen Bildern vom Sieg Jesu am Kreuz. Es folgt ein geradezu fröhliches Instrumentalstück mit dem passenden Namen "Neubeginn". Das titelgebende "Schatten der Vergangenheit" mag sich von dieser neuen Grundstimmung nicht mehr ganz trennen und klingt im Refrain, unterstützt von einer weiblichen Gesangsstimme, fast schon wie Gemeinde-Lobpreis. Der Text erzählt in bildreicher Sprache vom Zeitpunkt vor und nach einer Bekehrung ("[...] Leben beginnt dort am Kreuz [...]"). Den Abschluss bildet das chillig-melancholische (ja, so was geht!) "Durch die Wüste", das einem noch mal richtig Mut macht und einen in die Stille nach Ablauf des Albums entlässt.

Es sei noch zu erwähnen, dass es sich bei diesem Album fast um ein "Ein-Mann-Projekt" handelt. Stimme, Texte und fast alle Instrumente stammen von Steffen Bertram, nur in einzelnen Tracks half Martin Mertens an Bass, Keyboard und Percussion aus.

Mögliche Kritikpunkte sind eventuell die Texte, die von manchen stellenweise als etwas zu plakativ empfunden werden könnten und vielleicht der Gesang, da die Aussprache oft etwas zu regional klingt (vor allem auffallende "sch"-Laute bei Worten wie "ich", "dich", etc.).

Ich mag das Album und seine zur Ausgeruhtheit tendierende Grundstimmung. Meines Erachtens liegt die Stärke eher in den Stücken weiter hinten auf der CD, auch wenn diese eher die "szeneuntypischeren" sind. Schatten der Vergangenheit ist vielleicht kein Album, dass man unbedingt haben muss, hat man aber die Möglichkeit reinzuhören, sollte man dies schon nutzen, vor allem wenn man etwas mit überwiegend nachdenklicher Musik anzufangen weiß.

Der Versuch, das Album heute zu beziehen, könnte sich wohl etwas schwierig gestalten, da ich nicht weiß, ob es bei Pleitegeier Records noch vorrätig ist bzw. vertrieben wird. Am ehesten wird man wohl Erfolg über den Verkauf aus zweiter Hand haben.

Christian Pleik, 02. 06. 2007


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