Gehauchte Unzulänglichkeiten

Midnight Orchestra / Goliath - Land of Nod

Ich will ganz direkt sein: Diese CD gehört zu denen, die seit einiger Zeit in meinem Regal verstauben. Dabei klingt die Geschichte ihrer Entstehung eigentlich vielversprechend: Mick Rowe, Rock-Veterane und jahrelanges Mitglied der amerikanischen christlichen Metalband Tempest, verschreibt sich der düster-atmosphärischen Musik und bringt im Jahre 1999 ein Album heraus, auf dem nicht nur sein Bruder Jamie (seines Zeichens Gitarrist der bekannten Rockgruppe Guardian), sondern auch noch die Sänger von Wedding Party (einer wirklich brauchbaren schwarzen Band aus dem Dunstkreis von Saviour Machine & co.) mitwirken. Dass Herr Rowe Land of Nod sowohl unter dem Projektnamen Midnight Orchestra als auch unter seinem anderen Künstlernamen Goliath herausgebracht hat, hatte übrigens rechtliche Gründe und sollte uns nicht weiten stören. Einen wirklichen Unterschied gibt es da nicht.

Die CD selber lässt jedenfalls zu wünschen übrig. Der Sound klingt größtenteils wie der einer drittklassigen Demo, und das Songwriting spricht auch nicht gerade für sich. Das erste der insgesamt zwölf Stücke, "War Dance", überzeugt noch mit einem halbwegs anständigen Drumcomputer und (wenn auch gesampelter) Sopranstimme... Doch schon der zweite Titel klingt wie eine Klonierung des ersten. 4/4-Takt, Mid-Tempo, Herr Rowe scheint jeden Moment mit der Gitarre in der Hand einzuschlafen, und der Text wird eher gehaucht als gesungen. "Cain" ist dann erfrischend düster - obwohl hier mittlerweile immer derselbe Takt mit immer denselben Betonungen zu nerven beginnt. Ein letzter Lichtblick sind noch die Hintergrundstimmen von Sherri und William von Wedding Party bei Track 4, "Render" (wenn auch viel zu leise). Die verbleibenden Stücke des Albums gleichen sich wie ein mickriges, unausgebrütetes Ei dem anderen: Ständig derselbe billige Drumcomputer, ständig dieselben Harmoniefolgen auf ständig demselben 4/4-Takt bei ständig derselben Geschwindigkeit... Das einzige bisschen Abwechslung wird durch die kurzen Intros zu den Stücken erzeugt. Man freut sich regelrecht, dass nur wenige Stücke die 3-Minuten-Grenze überschreiten. Scheinbar kann der Künstler selber seine Stücke nicht auseinanderhalten, gibt das Booklet doch an einer Stelle eine Titelreihenfolge an, die der Wirklichkeit nicht entspricht. Track 10 ist dann ein kurzes Piano-Instrumental, was sich aber auch nicht mehr positiv auf den Gesamteindruck der CD auswirkt. Die Titel 11 und 12 sind mit der Bemerkung "Demo" versehen, was nichts anderes bedeutet, als dass ihr Klang noch schlechter ist als der der restlichen Stücke.

Die Qualität der Texte grenzt fast an 80er-Rap-Strophen... ein kleines Beispiel: "Creatures of the night / creatures absent light / creatures fall away / creatures want to stay." - Höh? ...Noch ein gutes Beispiel für "Reim-dich-oder-ich-fress-dich"-Lyrik findet sich im Text zu "Cain": "Welcome to the land of Nod / My name ist Cain, does this seem odd? / To lead my brother to a field / and take his life my plan revealed" - So, ich denke, das war genug Anschauungsmaterial. Lyrik wird nicht dadurch gut, dass man sie zu alles übertönenden monotonen Rhythmusgitarren schlaftrunken in ein Mikro haucht.

Den einzigen wirklichen Pluspunkt von mir bekommt diese CD aufgrund des genialen grafischen Designs, das übrigens von Matt Frantz entworfen wurde. Trotzdem: Eine solch irrelevante CD mit einem so interessanten Cover zu versehen, könnte von manch einem vielleicht als "unlauterer Wettbewerb" betrachtet werden...

Man kann erahnen, was Goliath mit Land of Nod vielleicht schaffen wollte: ein atmosphärisches, gothic-beeinflusstes Mid-Tempo-Metalalbum, also in etwa das, was vor kurzem vom deutschen Projekt The Vision Bleak vorgemacht wurde. Was er allerdings geschaffen hat, ist ein eintönige Sammlung schlechter Kompositionen, die nach zwei oder drei noch ganz erträglichen Stücken in die völlige Trivialität abdriften.

Patrick Maiwald, 23. 09. 2004


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