Von der Balance zwischen Clubmusik und bowieesquer Popkultur

Fearful Symmetry - A Loss of Balance

Im Jahr 2004 gab es endlich mal wieder Neues von Jimmy P. Brown II - das zweite Album seines Soloprojektes Fearful Symmetry.

Was sofort auffällt, ist, dass auf der ganzen CD keine einzige Gitarre zu hören ist - höchst ungewöhnlich, schließlich kannte man Jimmy Brown jahrelang als Frontmann der Metalband Deliverance, und auch das zwei Jahre zuvor erschienene FS-Debut This Sad Veil of Tears hatte einen zwar elektronischen, insgesamt aber doch gitarrenlastigen Sound. Laut der FS-Homepage soll hier stilistisch eine Art Kreuzung zwischen Dance, 80er-Synthpop und ein paar Elementen des "European industrial" - womit eher so etwas wie EBM gemeint sein dürfte - vorliegen. Und damit liegt sie im Großen und Ganzen gar nicht so verkehrt.

"Tension", nach dem kurzen Intro das erste "richtige" Stück auf dieser außergewöhnlichen Scheibe, geht stark in Richtung "groovender EBM" und beweist, dass für einen "härteren" (und doch sehr melodiösen) Sound keine E-Gitarren von Nöten sind. Das darauf folgende Titellied "A Loss of Balance" schockiert zunächst mit einem geradlinigen Techno-Beat und streckenweiser Monotonie (ganz klar eher für den Tanzschuppen als die häusliche Anlage bestimmt); vergleiche mit dem deutschen Projekt And One sind durchaus möglich, allerdings geht es hier etwas schneller zu.

Doch schon mit dem nächsten Stück werden ganz andere Töne angeschlagen. Es handelt sich dabei um eine Coverversion von "Love My Way", einem der wenigen Hits der britischen 80er-Synth-Popper The Psychedelic Furs. Diejenigen, die die Achtziger noch aus eigener Erfahrung kennen, werden darüber erfreut sein, dass das Stück den Sprung ins 21. Jahrhundert relativ unbeschadet überstanden hat, hat Herr Brown doch recht wenig daran verändert.

Mit Stücken wie "The Last Shred of Decency" und "Tikkun" führt der Künstler uns im weiteren Verlauf des Albums erneut in modernere Gefilde, ohne den 80er-Wurzeln - vor allem in Bezug auf Melodie und Songwriting - untreu zu werden. Hier fällt auf, dass Herr Brown besonders in der hohen Tonlage bisweilen seinem guten Bekannten Eric Clayton zum Verwechseln ähnlich klingt - kein Wunder, haben doch beide ähnliche Gesangsvorbilder. Das genial schizoide "Once Again" zum Beispiel evoziert Bilder von Eric Clayton und David Bowie, die abwechselnd zu Musik von Apoptygma Berzerk singen. Überhaupt mutet die Mehrzahl der Stücke auch songstrukturtechnisch relativ "bowie-esque" an. Wer an diese Art von Gesang nicht gewöhnt ist, wird vielleicht ein paar Probleme mit dem starken Vibrato haben... Aus ein paar Monaten Distanz betrachtet merke ich, dass beim ersten Hören vieles an mir vorbeiging; obwohl es hier ohne Zweifel Ohrwürmer gibt, brauchen diese also eine gewisse Zeit, um sich in den Gehörgängen einzunisten.

"Offering" ist ein sehr tanzbares, wiederum relativ einfach und monoton gehaltenes EBM-Instrumentalstück (man denke in etwa an eine sensiblere, melodiösere Version von :Wumpscut:). Mit "I Won't Let You" geht es ein letzten Mal wieder Richtung 80er-Synthpop (wobei es allerdings auch nicht an Techno-Beat-Untermalung mangelt) mit eigenwillig bowie-esquem Songwriting. Ein weiteres Instrumental, "The Waters of Alexandria", wirkt mit seinen vielschichtig übereinandergelagerten Synths eher ruhig und verträumt... Zum Schluss wird das Intromotiv erneut aufgegriffen und das Album somit nach 48 Minuten zu einem abgerundeten Schluss gebracht.

Auch textlich gibt es Parallelen zu Saviour Machine - die Lyrik von Fearful Symmetry ist jedenfalls mindestens gleichermaßen persönlich und von Bildhaftigkeit durchsetzt wie frühe clayton'sche Texte. Angesprochene Themen sind beispielsweise die Suche nach sinnerfülltem Leben ("Tikkun") oder auch die Versuchung ("Tension").

Insgesamt ein sehr lohnenswertes Album, dem es nicht an künstlerischer Innovation mangelt, und das, vor allem stilistisch, in der christlichen Musikwelt seinesgleichen sucht. Auf der FS-Homepage kann man in die CD reinhören (wenn auch in nicht sehr guter Qualität), und bestellen tut man das Werk am besten bei der Stephans-Buchhandlung.

Patrick Maiwald, 03. 02. 2005

Eure Meinungen zu diesem Artikel:
hier klicken

=> Fearful Symmetry (Homepage)