Mädchenmusik mit Goth-Einschlag...

The Echoing Green - The Winter of Our Discontent Gegen Ende des Jahres 2004 tauchte in so ziemlich sämtlichen Szenemagazinen plötzlich ein Bandname auf, der mir von der amerikanischen christlichen Musikszene her ein Begriff war, und zudem schien der neuste Output des Projekts fast durchweg sehr gute Kritiken zu bekommen: Die Rede ist von The Echoing Green.

The Winter of Our Discontent, die mittlerweile dreizehnte Scheibe des geschäftigen Duos, ist, um die Sache kurz zu machen, ein relativ "traditionelles" Synthpop-Album, wobei die Betonung wirklich auf dem Wort "Pop" liegt. Eingängige, weichgespülte Melodien mit hohem Mitsingfaktor dominieren praktisch jedes der zehn Stücke. Schon der Opener "The Story of Our Lives", zu dem es übrigens auch eine EP gibt, die allerdings nur auf dem amerikanischen Markt zu erwerben ist, zählt mit seinem stampfenden Technobeat, den einprägsamen Vocals und dem eher unkonventionellen Einsatz einer Sopranstimme gegen Ende wohl zu den eingängigsten Stücken, die ich im gesamten letzten Jahr zu hören bekommen habe. Interessanterweise sind gleich zwei Remixes dieses Stücks - angefertigt von den europäischen Synthpop-Bands Syrian und Echo Image - auf der hierzulande handelsüblichen "European Edition" sozusagen als Bonustracks enthalten.

Ist die - oftmals allzu mysteriös scheinende - Verbindung des sterilen Genres Synthpop mit der schwarzen Szene offenbar einerseits durch die gemeinsamen New-Wave-Wurzeln, andererseits aber auch durch eigenständige Projekte wie Wolfsheim oder Apoptygma Berzerk gegeben, so befinden sich The Echoing Green also eindeutig (noch) auf der "helleren" Seite, obwohl in vielen Reviews zu lesen ist, The Winter of Our Discontent sei ihr düsterstes Werk.

Auf Stücke wie das geniale "Bittersweet" mag dies auch zutreffen; mir gefällt es jedenfalls am besten. Der Drumcomputer unterstreicht mit post-industrialösem Klang hier hervorragend die ohnehin eher dunkle Atmosphäre des Stückes. Aber auch Lieder wie das ruhige "Seaside" oder das leicht orientalisch angehauchte "Blind", das mich stark an "Stiletto 13" von Rackets & Drapes erinnert, gehen in eine ähnliche Richtung. Obwohl die ersten paar Stücke eindeutig tanzbar sind, haben wir es insgesamt aber, wie bereits angedeutet, mit einem eher poppigen Album zu tun, das durchaus auch ruhige, entspannende Momente aufweist. "The Echoing Green", heißt es auf der offiziellen Homepage der Band, "haben schon immer versucht, sich von der stereotypen Techno-Dance-Musik zu distanzieren... Während einige tanzbare Elemente in Songs von The Echoing Green zu finden sind, so sind sie doch primär dazu bestimmt, einfach Songs zu sein." (Übersetzung des Verfassers) Diese Songs jedenfalls sind alle gleich aufgebaut, meist knapp fünf Minuten lang, und alle doch mehr oder weniger tanzbar und stellenweise radiotauglich. "Heidi's Song" beispielsweise ist eine Art hymnenhafte Liebeserklärung, die beinahe ins Schmalzige übergeht. Für Abwechslung sorgen vor allem der Einsatz unterschiedlichster Soundschemata sowie die Tatsache, dass sich der Bandgründer Joey Belville mit Chrissy Jeter (richtig, einer Frau) die Vocals ziemlich gerecht teilt. Chrissys Parts klingen dabei angenehm sauber und sicher, während Joey quasi als leicht nasalierter Peter Heppner zumindest mittelmäßigen Eindruck schindet.

Oberflächlich betrachtet macht diese CD zunächst den Eindruck äußerster Belesenheit, setzen sich doch der Bandname und der Albumtitel aus Zitaten von W. Shakespeare und W. Blake zusammen. Die dann doch eher durchschnittlichen, in umgangssprachlichem Englisch verfassten Songtexte erfüllen die Erwartungen, die das Cover aufbaut, also nicht unbedingt. Inhaltlich werden verschiedenste Themen, wie etwa das Leben, die Liebe, Reue, Vergänglichkeit und Charakterstärken bzw. -schwächen behandelt. Bezüge zum christlichen Glauben der Verfasser bleiben weitläufig höchstens implizit vorhanden. Auf der Homegage heißt es hierzu: "Es wäre schwer, die Gruppe einfach als christliche Band abzustempeln. Joey bemüht sich darum, seine Lebenserfahrung in seiner Musik für sich selbst sprechen zu lassen, seien es schwere Zeiten oder auch die Zeiten der Hoffnung, die er in seinem geistlichen Leben durchläuft; Ziel ist es, den Hörer dazu aufzufordern, nach Substanz zu suchen, anstatt ihn mit aufgeblasenen Klischees zu bombardieren." Soviel dazu.

Mit The Winter of Our Discontent liefert das schallende Grün zwar keine neue Definition von "Synthpop", dafür aber eine CD, die sich durchaus hören lassen kann, und deren Bedeutung sicherlich nicht zu verachten ist. Aufgrund der Poplastigkeit gehört sie wohl am ehesten in die Kategorie jener CDs, die man lieber seiner Freundin schenkt und gelegentlich selber heimlich hört. Dafür ist diese Scheibe wirklich gut geeignet.

Patrick Maiwald, 23. 06. 2005

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