Keyboarder macht Band auf

BridgeShadows Nach einigen Jahren Funkstille gibt es endlich wieder was Neues von der kalifornischen Front: BridgeShadows ist das neue Soloprojekt von Kenneth Lemery alias kl_Noise, dem Keyboarder von Wedding Party.

Dieses Erstlingwerk, das mit einer Länge von 32 Minuten am ehesten irgendwo im Grenzbereich zwischen "Demo", "Album" und "EP" anzusiedeln ist, reißt mich zwar nicht auf Anhieb völlig vom Hocker, klingt aber auf jeden Fall schonmal vielversprechend. BridgeShadows ist eindeutig ein Gothic-Rock-Projekt, obwohl auch Einflüsse aus 80er-Synthpop und Metal in die sieben Stücke eingeflochten sind.

Die teilweise gespenstischen Keyboards (die mich zuweilen an The Vision Bleak erinnern) ergänzen dabei weitläufig recht schön die Gitarren und den Bass, der Drumcomputer dagegen ist nicht immer auf dem neusten Stand und wäre sicher noch ausbaufähig... An manchen Stellen wird der Sound durch ein schönes Klavier angereichert. Obwohl kl_Noise das Zeug zum Rocksänger hat (siehe das eingängige Stück "Walls of Noise"), beschränkt er sich weitläufig auf unmelodische Formen der Lautäußerung (sprechen, flüstern)... Auch am Songwriting hätte man meiner Meinung nach noch etwas feilen können. Trotzdem gefällt mir diese CD insgesamt - irgendwie habe ich das Gefühl, dass BridgeShadows in etwa das Soloprojekt ist, das Mick Rowe mit Midnight Orchestra (vergeblich) zu schaffen versucht hat. Besonders empfohlen seien an dieser Stelle neben dem bereits erwähnten Stück "Walls of Noise" noch der Opener "It is Me", das basslastige "Questions Unanswered" sowie die opulente Ballade "Rose".

Dass das CD-Inlay bis auf die kaum lesbaren Danksagungen keine Texte enthält, soll hier nicht weiter stören - es genügt zu wissen, dass die Essenz der Songtexte sich zwischen typisch christlichen ("Only God's love can fill that void...") und typisch "gotischen" Inhalten ("Some days I just want to die...") bewegt - mit einem zweiten Eric Clayton haben wir es hier also nicht unbedingt zu tun.

Insgesamt ist dies, trotz der erwähnten technischen Ausbaufähigkeiten, auf jeden Fall ein interessantes Werk - ob und wann es im deutschsprachigen Raum jemals erhältlich sein wird, kann ich nicht sagen - ich hoffe mal, dass es früher oder später bei der Stephans-Buchhandlung zu erwerben sein wird.* Nach der Auflösung von Wedding Party und Rackets & Drapes und dem bevorstehenden Ende von Saviour Machine ist es jedenfalls gut zu wissen, dass die kalifornische "Christian goth"-Szene noch längst nicht so tot ist, wie sie gerne den Anschein erweckt.

*Edit 10/2005: Die CD ist ab sofort über die Stephans-Buchhandlung zu bekommen.

Patrick Maiwald, 19. 10. 2004

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