So schnell geht das...
Gerade mal 18 Monate ist es her, dass ein deutscher Bundeskanzler das hohe Wort von der "uneingeschränkten Solidarität" in den Mund nahm, dass in Medien und Leitartikeln der Satz: "Heute sind wir alle Amerikaner" seinen Siegeszug antrat, und dass viele Menschen mit ernster und ehrlicher Trauer zu Gottesdiensten, Friedensgebeten und Schweigeminuten gingen.

Schon vergessen ?

Für die Familien der Feuerwehrleute, die bei den Aufräumarbeiten am Ground Zero starben, trat die Wetzlarer Neue Zeitung eine große Spendenaktion los - und viele viele spendeten. Und das nicht nur in Wetzlar, sondern überall in Deutschland und in vielen anderen Ländern Europas.

Heute freilich, 18 Monate später, traut man sich kaum noch, bei Mc. Donald`s essen zu gehen. Und das nicht aufgrund der dort drohenden gastronomischen Luftkissenboote (vulgo: Big Mac) und ähnlich unappetitlicher Attentate auf die Esskultur, sondern schlicht deshalb, weil es politisch im Moment nicht korrekt ist, sich irgendwie als pro-amerikanisch zu outen.

Freilich tut die derzeitige amerikanische Regierung auch nichts, rein gar nichts, um irgendwen auf dieser Welt freundlich zu stimmen. Dreister und ungenierter hat selten eine Großmacht die Muskeln spielen lassen und die message ist klar: Wer immer gegen uns ist, wird schon sehen, was er davon hat.

Im Klartext:
Der Krieg im Irak ist ein völkerrechtliches Fiasko, das einen Flurschaden reißt, der in vielen Jahren nicht zu reparieren sein wird, und der das Projekt der europäischen Neuzeit, das statt auf Gewalt und Fundamentalismus auf Diskurs und Toleranz setzte, möglicherweise weit ins Mittelalter zurückbombt. Von der Wirkung auf die, die ohnehin schon Fundamentalismus und Intoleranz leben, einmal ganz zu schweigen. Sicherer oder gar besser wird die Welt durch diesen Krieg nicht.
Ganz im Gegenteil.
Wer das anders sieht, möge sich bei mir melden.

Dabei setzt der Krieg nur fort, was im Zeichen des Neoliberlismus ohnehin Spielregel geworden ist: Geld ist Recht, viel Geld ist viel Recht und der, der dieses Geld dann in die entsprechenden Waffen investiert, hat dann auch die Mittel diese fragwürdige Form von Recht durchzusetzen. Nötigenfalls auch gegen den gesamten Rest der Welt !!!

Hauptsache, das Öl fließt, schmiert die Wirtschaft derart, daß der Rubel rollt, der Dollar stabil ist und die Aktien steigen und so die Reichen reicher und die Armen ärmer werden. (Ich weiß - das müßte ich jetzt differenzieren und begründen... Aber in der Tendenz ist es wahr und klingen tut es auch gut)

Wer also diesen Krieg zu Recht kritisiert, wird nicht darum herum kommen, sich einmal mit einer Organisation wie ATTAC zu beschäftigen und deren Kritik am Neoliberalismus zumindest zur Kenntnis zu nehmen. Oder noch besser: ATTAC oder andere Globalisierungsgegner direkt unterstützen.

Dies halte ich für besser und langfristig für wirkungsvoller als Fahnen, Kerzen oder pauschalen Antiamerikanismus.

Uns allen sei ein Wort von Erich Kästner ins Gedächtnis gerufen: "Glaubt nicht, daß Ihr Millionen Feinde habt. Ihr habt nur einen: Den Krieg !"

Den zu bekämpfen lohnt freilich jede Anstrengung.

Heiko Ehrhardt