Mag die Nacht noch so dunkel sein - wir amüsieren uns zu Tode". Diese oder ähnliche Weisheiten mögen Imitator Elmar Brandt bewogen haben, der wirklich miesen Politik der neugewählten Bundesregierung mit seinem "Steuersong" die Peinlichkeitskrone aufzusetzen.

Nicht nur, daß die musikalische (?) Vorlage schlicht und einfach grenzdebil und außerdem noch grottenlangweilig ist.
Nicht nur, daß die Masche, Prominente zu imitieren, inzwischen so abgelutscht ist, daß es einfach nur noch nervt.
Nicht nur, daß Brandt unter den Imitatoren nun wahrlich nicht der begabteste ist.
Und nicht nur, daß der Beifall einmal mehr zielgerichtet von der falschen Seite kommt (ich sage nur "Zeitung mit vier Buchstaben" und "hessischer Ministerpräsident" - beides wirklich unangenehme Erscheinungen) und daß dieser Umstand scheinbar auch kritischen Leuten kaum auffällt

Am schlimmsten finde ich, daß die, die im Moment jeden noch so dummen Witz über Gerhard Schröder lautstark beklatschen, mir nicht so vorkommen, als ob sie irgendein schlüssiges Konzept hätten, wie man es besser machen könnte.

Dies ist wirklich fatal: In unserem Land wird das Wahlrecht nicht mehr ausgeübt, um Politik zu gestalten, sondern um mehr oder weniger schmerzhafte Ohrfeigen zu verteilen. Auf der einen Seite will niemand mehr ernsthaft Verantwortung übernehmen und auf der anderen Seite werden die, die Verantwortung haben, zu dämlichen Dummsimpeln degradiert.

Es ist scheinbar die Stunde der Stammtische und Populisten, die auf jedes noch so komplexe Problem eine einfache Antwort haben und die mit Klamauk und schwachen Witzen politische Konzeptlosigkeit kaschieren.

Echte Satire, echte Komik, echtes Kabarett prangert Mißstände an, um Veränderungen einzuklagen. Die Auswüchse der Spaßkultur dagegen verteilen Watschen ohne die Vision besseren Handelns zu haben.

Was wir im Moment brauchen ist daher kein Klamauk a la Brandt, sondern kritische Köpfe, die innovative Politik einklagen. Denn daß der bisherige Verlauf der zweiten Amtszeit von "rot-grün" alle Anzeichen eines schlechten Traums hat, ist sicher wahr. Nur daß diese Erkenntnis allein noch nichts besser macht. Und rein destruktive Kritik hilft nicht weiter - mag sie sich auch vorgeblich witzig und in eingängigen Rhythmen präsentieren.

Wo also sind die Köpfe, die kritisch und konsturktiv Kritik betreiben ?
Haben sich diese Köpfe inzwischen in die innere Immigration begeben ?
Oder haben sie sich schlicht über schlechte Witze tot gelacht ?

Es kann sein, daß die Antwort auf diese Frage für die Zukunft unserer Gesellschaft entscheidend ist.

Heiko Ehrhardt