Stellt Euch einen Moment folgendes Szenario vor: Die einsame, staubige Straße eines ebenso einsamen, staubigen Wüstenkaffs.

Die aufgehende Sonne färbt den Himmel tiefrot. Bald wird es vor Hitze flirren, doch das macht den beiden Männern, die den Salon verlassen, und die Straße betreten, wenig aus.

Ein dritter Mann tritt hinzu. Schwarz gekleidet. Vornehm. Offensichtlich ein Offizieller.

Auf seinen Wink hin stellen sich die beiden Kontrahenten Rücken an Rücken - dann wird abgezählt. Jede Zahl ein Schritt, bis die 50 erreicht ist.

Die Kontrahenten drehen sich um.
Stehen einander gegenüber.
Der Offizielle schwenkt ein Tuch und läßt es dann fallen.
Als das Tuch den Boden berührt, reißen beide Kontrahenten einen Revolver aus dem Gürtel, legen aufeinander an und drücken ab.

Tödlich getroffen sinken die Kontrahenten in den Staub.

So oder ähnlich sollte er sich abspielen, der Krieg der Zukunft.

Warum Soldaten, Zivilisten, Material und Geld verschwenden, wenn doch eine Kugel billiger ist als ein Krieg ?

Mehr noch als das: Man könnte den gesamten Showdown sicher noch perfekt vermarkten. Allein die Übertragungsrechte dürften astronomische Summen erreichen, von den Plätzen auf den Rängen und den damit verbundenen Einnahmen für Eintritte, Übernachtungen und Catering ganz zu schweigen.

Warum also Milliardenbeträge in einen Krieg pumpen, wenn es doch schneller, einfacher und billiger ginge ?

Sage keiner, daß das unvorstellbar ist, daß die, die einen Krieg anzetteln, auch in vorderster Front marschieren. Sieht man sich etwa das berühmte Mosaik mit der Schlacht bei Issus an, dann erkennt man, daß Alexander der Große, barhäuptig und mit gerecktem Schwert an vorderster Front steht. Und die, die in Geschichte gut aufgepaßt haben, werden sich gewiß noch daran erinnern, daß der Spartanerkönig Leonidas mit einigen wenigen Männern das gesamte persische Heer an den Thermophylen so lange aufhielt, daß das Hauptheer sich in Sicherheit bringen konnte. Bei den Germanen schließlich galt es als Zeichen von Feigheit, wenn die Stammesführer nicht zugleich auch in vorderster Front im Kampf ihren Mann standen.

Erhöhte Feldherrenhügel, Wolfsschanzen oder die Bunker für Präsident und Regierung sind jedenfalls Produkte neuerer Zeit.

Fast möchte man sagen: Leider !
Denn viele Kriege hätten nicht stattgefunden, wenn die, die für die Kriegserklärung verantwortlich waren, in erster Reihe hätten mitmarschiren müssen. Da bin ich mir ganz sicher.

Warum es trotzdem nie zum showdown zwischen, sagen: George W. Bush und Saddam Hussein kommen wird ?

Nun: Zum einen stellt sich die Frage nach den Regeln des Duells. Denn was gewinnt der Sieger und was ist, wenn es keinen Sieger gibt ?
Wäre es wirklich fair, wenn der Präsident irgendeines Zwergstaates mit einem einzigen Schuß die Herrschaft über die USA übernehmen könnte ?
Oder müßte man womöglich die realpolitischen Machtverhältnisse irgendwie gewichtend einbringen - und wenn: Wie ?
Allein diese Fragen also konfrontieren mit einer Fülle von praktischen Problemen.

Viel schwieriger aber wiegt der Umstand, daß Waffen nun einmal dazu da sind, gebraucht zu werden. Jeder Krieg hatte auch wirtschaftliche Gründe, und das gilt in der Neuzeit zumal. Die organisierte Vernichtung von Geld hat Methode - denn nur so floriert die Rüstungsindustrie, und die ist, allen anderslautenden Beteuerungen zum Trotz, immer noch eine der Schlüsselindustrien moderner Staaten.

Wer daher ernsthaft Krieg verhindern und Gewalt einschränken will, wird nicht darum herumkommen, diese Bezüge immer wieder zu thematisieren und die Bedeutung der Rüstungsindustrie immer wieder kritisch zu hinterfragen.

Dann freilich wird die Rede von einer "Achse des Bösen" so einfach nicht mehr zu führen sein...

Heiko Ehrhardt